Projekte
ZERBROCHENE ILLUSIONEN
ZERBROCHENE ILLUSIONEN ist ein Double Bill Abend bestehend aus den Werken Miss Julie und Hamlet Connotations.
Miss Julie ist ein einaktiges Ballett choreographiert von Edvin Revazov. Konzeptionell basiert das Stück auf dem naturalistischen Trauerspiel Fräulein Julie des schwedischen Schriftstellers und Künstlers Johan August Strindberg aus dem 19. Jahrhundert, welches im Jahr 1888 erstmals uraufgeführt wurde.
Die Handlung spielt sich innerhalb eines einzigen Abends auf dem Landgut eines Grafen ab. Die Hauptfigur, Fräulein Julie, ist die Tochter des Grafen und eine junge Adlige. Sie rebelliert gegen die gesellschaftlichen Normen und flirtet mit Jean, dem Diener ihres Vaters. Zwischen Fräulein Julie und Jean entwickelt sich eine komplexe Beziehung, die von Macht, Sehnsucht und Klassenunterschieden geprägt ist.
Choreographiert ist das Stück zur Musik des lettischen Komponisten Pēteris Vasks.
Hamlet Connotations, choreographiert von John Neumeier, wurde bereits im Jahr 1976 in New York uraufgeführt. Diese erste einaktige Fassung Hamlet Connotations ist nur für 5 Tänzer:innen kreiert.
Edvin Revazov hat sich gemeinsam mit dem Hamburger Kammerballett Ensemble Neumeiers ersten „Hamlet“-Version gewidmet und das Stück wiederaufgenommen.
Hamlet ist eine Tragödie von William Shakespeare, geschrieben um 1600. Das Stück behandelt zentrale Themen wie die menschliche Existenz, die Suche nach Sinn im Angesicht von Korruption, Verrat und Tod, sowie das moralische Dilemma der Rache. Hamlet wird vom Geist seines Vaters aufgefordert, dessen Mord zu rächen, was ihn in einen inneren Konflikt stürzt und ihn über die Moral und die Konsequenzen von Rache reflektieren lässt.
Das Stück beleuchtet auch die Komplexität menschlicher Beziehungen und die Dynamik von Macht und Korruption. König Claudius hat den Thron durch Mord erlangt und manipuliert seine Umgebung, um seine Macht zu sichern. Die Beziehungen im Stück sind geprägt von Täuschung, Verrat und Misstrauen.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Identität und das Selbst. Hamlet ringt mit seiner Identität und seinem Platz in der Welt, während er die Wahrheit über den Tod seines Vaters sucht. Das Stück untersucht zudem die Natur von Wahnsinn und Realität, wobei unklar bleibt, ob Hamlet tatsächlich wahnsinnig wird oder seinen Wahnsinn nur vortäuscht. Die Grenzen zwischen Realität und Illusion verschwimmen zunehmend.
Fotocredit: Christina Gotz via thirtysixshots
FLOATING SPACES
FLOATING SPACES widmet sich der philosophischen Erforschung der Figur des „No-Faces“, einer Verkörperung des menschlichen Geistes in seiner ursprünglichsten Form. In der Unschuld der Kindheit trägt jeder Mensch einen Geist in sich, der zunächst verschleiert und rätselhaft ist und sich als eine unbestimmte Präsenz manifestiert, die nach Belieben verschwinden und wieder auftauchen kann.
Dieser Geist ist, wie „No-Face“, ein Spiegel, der die Welt um uns herum reflektiert und eine Faszination für die menschliche Welt und ihre unzähligen Wünsche entwickelt. Er treibt uns an, zu konsumieren, zu erleben und uns auf alles einzulassen, mit dem wir konfrontiert werden.
Im Laufe der Jahre errichten wir Mauern, um dieses zerbrechliche innere Wesen zu schützen, setzen uns Masken auf, um es abzuschirmen. Manchmal distanzieren wir uns so sehr von uns selbst, dass wir unseren inneren Geist fast von den Masken trennen, die wir tragen, und lediglich die Gesellschaft widerspiegeln, ohne der Welt wirklich zu zeigen, wer wir sind. So werden wir zu bloßen passiven Beobachtern im Theater des Lebens.
Künstlerische Leitung, Choreographie: Edvin Revazov
Geschäftsführung, Produktionsleitung: Isabelle Rohlfs
Musik, Komposition: Michal Bialk, Tomasz Gos
Kostüm, Bühnenbild: Edvin Revazov
Ensemble Hamburger Kammerballett: Ihor Khomyshchak, Viktoriia Miroshyna, Kateryna Andrenko, Nikita Hodyna, Alisa Nikitina, Vladyslav Bondar, Veronika Hordina
Gasttänzer aus dem Hamburg Ballett John Neumeier: Alexandre Riabko, Nicolas Gläsmann
Künstlerische Assistenz: Yoske Kusano
Technische Leitung: Igor Sarazhinskiy
Bühnentechnik: Erik Schmidt
Lichtdesign: Joshua Paul
Grafikdesign: Christina Gotz via thirtysixshots
Foto- und Videodokumentation: Christina Gotz & Tim Erdmann via thirtysixshots, Anna Utevsky
Fotocredit: Christina Gotz via thirtysixshots
Gefördert von:
»ART CONNECTS – Hilfsfonds für Projekte mit schutzsuchenden Kulturschaffenden«
ART CONNECTS wurde initiiert von der Rudolf Augstein Stiftung, der Claussen-Simon-Stiftung, der ZEIT STIFTUNG BUCERIUS sowie der Hamburgischen Kulturstiftung und wird von vielen weiteren Stiftungen, Unternehmen und Privatpersonen unterstützt.
Gefördert durch das Goethe Institut.
RAWNESS
RAWNESS ist ein Triple Bill Abend bestehend aus drei Werken, die sich in ihren Stilen und Tanztechniken grundlegend unterscheiden.
Das Programm wird mit dem Stück BLUSHING von Choreograph Marco Goecke eröffnet, welches den ersten Preis des internationalen choreographischen Wettbewerbs „Prix Dom Pérignon“ in Hamburg gewann. „BLUSHING“, erklärt Marco Goecke, „heißt ‚rot werden‘. Mein Ausgangspunkt war zu untersuchen, was in einem Menschen vorgeht, wenn er rot wird. Ich gehe bei meinen Arbeiten von einzelnen Phänomenen aus wie einem Wort, einer Bewegung.“ Die Einstudierung der Choreographie erfolgte durch Nicole Kohlmann.
Der zweite Teil ist das neue Werk RE-GROWTH des Tänzers und Choreographen Luca-Andrea Tessarini des Nederlands Dans Theaters. RE-GROWTH ist die tänzerische Auseinandersetzung mit der Vielfalt an Lebensherausforderungen, mit denen ein Mensch im Laufe seines Lebens konfrontiert wird. Diese können sowohl demotivierender Natur sein, oder aber auch zum Katalysator für Wachstum und Innovation werden.
Der dritte Teil des Abends ist das ebenfalls neu choreographierte Stück [U] E/MOTION von Edvin Revazov. In [U] E/MOTION erforschen die Tänzer:innen die Echtheit in menschlichen Beziehungen, sie reißen selbst erbaute Mauern ein und wehren sich gegen gesellschaftliche Zwänge. Begleitet wird der Tanz durch Live-Musik des französischen Violinisten Brieuc Vourch.
Sowohl RE-GROWTH als auch [U] E/MOTION werden ihre Weltpremieren im Hamburger Sprechwerk feiern.
Fotocredit: Anna Utesky
Gefördert von:
»ART CONNECTS – Hilfsfonds für Projekte mit schutzsuchenden Kulturschaffenden«
ART CONNECTS wurde initiiert von der Rudolf Augstein Stiftung, der Claussen-Simon-Stiftung, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie der Hamburgischen Kulturstiftung. Weitere Förderer sind die K. S. Fischer Stiftung, Mara und Holger Cassens-Stiftung, Gabriele Fink Stiftung, Dorit & Alexander Otto Stiftung, Körber-Stiftung, Stiftung Hamburger Hilfsspende, Richard Ditting GmbH & Co. KG und Quantum Immobilien AG.
SCIENCE IN MOTION. BEWEGUNG IST BEGEGNUNG
Wissenschaft bedeutet Suche.
Diese Suche nach Erkenntnissen erreicht man nur durch die Bewegung. Selbst navigierend sucht man im Unbekannten nach neuen Wegen. Dieses movere ist der Prozess der Erkenntnisgenerierung.
Die Frage, was Bewegung jedoch auszeichnet, ist so alt wie die philosophische Ideenwelt und mündet weniger in eine Definition als in eine vieldeutige Antwort, was Bewegung alles sein könnte.
„Nichts ist älter in der Natur als die Bewegung.“ steht am Anfang des dritten Tages von Galileos „Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze”.
Neugier ist uns angeboren, damit wir unsere Umwelt verstehen lernen und sich unser Gehirn entwickeln kann. Dabei hat sie durchaus auch einen fragwürdigen Ruf, spätestens dann, wenn sie zum Selbstzweck wird und Züge des Voyeurhaften annimmt. Aber wenn die Gier nach Neuem als Wissensdrang gelesen wird, dann ist damit ein Grundverständnis wissenschaftlicher Arbeit kartiert.
Das Sehen und Verstehen des Verborgenen, das Erkennen der Zusammenhänge und das daraus abzuleitende Handeln kennzeichnet eine gedankliche Mobilität, deren Brennpunkt der Fortschritt ist.
Neugier ist Bewegung.
In der künstlerischen Dramaturgie begegnen sich in vier Interventionen die Bewegungen der Tänzer:innen auf der Grundlage der Musik mit einer mehrschichtigen Videoinstallation; die Dreidimensionalität von Bewegung und Klang zur Zweidimensionalität der Projektion.
Nach einer eröffnenden Introduktion stehen drei Blickwinkel im Mittelpunkt: der mikroskopische (μικρός), der makroskopische (μακρός) und der mesoskopische (μέσος) Übergangsbereich.
Ob mit technischen Hilfsmitteln oder mit dem bloßen Auge: Die Bereiche sind je nach Wissenschaft relativ, aber nach unten und oben zu schauen drängt sich in der Alltagswahrnehmung auf. Jedes Sehen zieht eine Sensibilisierung nach sich; und das Scharfstellen zeigt jeweils eine eigene Welt.
Kein Stillstand, sondern Bewegung zeichnet die Welten aus, aber u. U. mit einem irritierenden Zeitverständnis.
Der Tanz und die Musik schaffen als Zeitkünste die Verknüpfung zwischen Mikro und Makro und zwischen dem Hier und Jetzt.
Aufgeführt wurde das Programm im Rahmen der diesjährigen Festveranstaltung und Preisverleihung der Alexander von Humboldt-Professur 2023 in Berlin am 11. Mai.
Fotocredit: Dorothea Tuch und Yan Revazov
WHITE NOISE
Das Programm WHITE NOISE besteht aus zwei brandneuen Werken, die sich in ihrem Stil grundsätzlich unterscheiden: Der erste Teil des Programms BRITTEN-TANZ, eine Zusammenarbeit mit dem Opera Estate Festival in Bassano del Grappa, ist ein expressionistisches Werk, das sich der klassischen Balletttechnik bedient. So erschafft es eine Projektion aus romantischen, komischen, karikaturistischen und sinnlichen Energien. Diese sind wie verschiedene Bilder in einem Fotoalbum, nur in bewegter und tänzerischer Form.
Choreographie: Edvin Revazov
Musik: Streichquartett F-Dur / String Quartett in F Benjamin Britten
Der zweite Teil WHITE NOISE ist inspiriert durch das physikalische Phänomen des »Weißen Rauschens«. Weißes Rauschen beruhigt uns und kann Störgeräusche abhalten, weshalb es für den Menschen im Allgemeinen und für Künstler:innen im Besonderen eine außergewöhnliche Eigenschaft hat, Traumata zu überwinden und inneren Frieden zu finden. Weißes Rauschen bezeichnet eine konstante Tonfrequenz, welche das gesamte Spektrum des hörbaren Schalls in gleichem Maße enthält. Es ist somit die akustische Analogie zum Phänomen des Farbenspektrums: Obwohl unser Licht aus sieben verschiedenen und jede für sich einzigartigen Farben komponiert ist, erscheint es uns als ein harmonisches strahlendes Licht.
Das Hamburger Kammerballett hat das physikalische Konzept der Licht- und Schallspektren künstlerisch auf die Menschheit übersetzt und es tänzerisch zu einer harmonischen Gesamtheit verschmelzen lassen. So wie Licht und Schall unterschiedliche Spektren haben, aber dennoch zu einer harmonischen Gesamtheit verschmelzen, haben auch wir Menschen unterschiedliche Charaktere und Eigenschaften. WHITE NOISE ist ein Zusammenspiel auf klassischer und zeitgenössischer Bewegungssprache.
Für das Stück hat das Hamburger Kammerballett ein neues Musikstück in Auftrag gegeben, welches von Alexander McKenzie komponiert wurde.
Choreographie: Edvin Revazov
Musik: White Noise – Alexander McKenzie